Er geht vor mir zur U- Bahnstation in Berlin.
Tastet sich mit dem Stock allein durch`s Gedränge hin.
Er ist blind! Die Leute hasten rings um ihn.
Und er spürt, dass wir`s eilig haben in Berlin.
Hat die Hast denn einen Zweck? Oder rennen wir nur vor uns selber weg?

Jetzt steht er am U- Bahnsteig in Berlin.
Keiner hilft. Alle woll`n vor sich selber flieh`n.
Der steht blind. Der sieht doch nichts. Gleich fällt er hin!
Quietschend fährt die U- Bahn ein. Die Bremsen zieh`n.
Er ist in dieser Hast zu Haus`, steigt sicher ein. Er kennt sich aus.
"Zurückbleiben!"

Unverhofft hält die U- Bahn an. Plötzlich sind wegen Stromausfall alle blind.
Einsamkeit steigt in jedem auf. Mit wachem Sinn
lauschen wir im Dunklen alle zu unserm Nachbarn hin.
Deutlich seh` ich den blinden Mann vor mir geh`n.
Er steigt aus und lässt uns im Dunklen stehn.
"Zurückbeiben!"     Zurück bleiben wir.
Doch im Hellen schauen alle weg. "Gott sei Dank! Das war nur ein kurzer Schreck."

"Blinder Mann" 1986

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